Die Punktierungen in den Gemälden von Wahed Khakdan

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veröffentlicht als Administrator
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12.05.2025
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Wahed Khakdan, ein Maler und Illustrator, geboren 1950 in Teheran, schafft Werke, die durch seine rätselhaften, fotorealistischen Darstellungen von Objekten und Figuren magischen Realismus hervorrufen. Seine künstlerische Ausbildung begann in der Kindheit unter der Anleitung seines Vaters.

 

Spuren der Nostalgie in den Motiven des Malers

Nach einer anfänglichen Phase abstrakter Experimente wandte sich Khakdan in den frühen 1970er Jahren dem Surrealismus zu und debütierte 1974 mit seiner ersten Einzelausstellung in der Teheraner Seyhoun Galerie. Sein Werk wurde in großem Umfang im Iran, in Deutschland und in den Vereinigten Staaten ausgestellt. Von 1976 bis 1983 widmete er sich dem Innenausbau, dem Bühnen- und Kostümbild für Film und Fernsehen sowie der Illustration von Kinderbüchern. Die Revolutionszeit und der anschließende Krieg führten zu einer Hinwendung zum sozialen Realismus mit allegorischen Untertönen (Abb. 1). Nach seinem Umzug nach Deutschland wurden Stillleben-Kompositionen zu seinem vorherrschenden Fokus.[1] Khakdans Gemälde, die zwar nostalgische Elemente und erinnerungsgesättigte Atmosphären verwenden, gehen über bloße Reminiszenz hinaus. Indem er die Gedächtnisbildungsprozesse des Gehirns durch strategische Leerstellen und die Präsentation von historisch aufgeladenen Bildern unterbricht, dekonstruiert sein Werk aktiv die Nostalgie. Diese Leinwände erreichen eine zeitliche Befreiung - getrennt von ihren Ursprüngen entstehen sie vollständig in der Gegenwart. [2] 

 

 

Räumliche Komposition und emotionale Resonanz im Werk

 

In den Gemälden wird nördliches Licht verwendet - eine Lichttechnik, bei der Farbwerte und Kontraste allmählich übergehen, am besten veranschaulicht in Vermeers Werken. Diese Behandlung verleiht Khakdans Kompositionen eine fast sakrale Qualität. Jenseits der nostalgischen Patina erdiger Farbtöne, die auf Objekte aufgetragen werden, begegnen wir Elementen, die ihre Materialität transzendieren. Der Künstler verleiht diesen Objekten durch seine Technik einen Mehrwert, einen Wert, der aus persönlichen Erinnerungen stammt, die er mit dem kollektiven Gedächtnis verbinden möchte, um so seine eigene Erzählung in der Geschichte zu bewahren. [3] 

 

Der tiefgreifende Einfluss der Migration auf die visuelle Sprache des Künstlers

Migration hat einige der bedeutendsten Werke von Wahed Khakdan grundlegend geprägt. Nachdem er dreißig Jahre von Iran entfernt verbracht hat, durchdringt diese gelebte Erfahrung unweigerlich seine künstlerische Vision. Zwei Gemälde, Die Vogelscheuche des Emigranten und die zweite Vogelscheuche des Emigranten - artikulieren dieses Thema mit besonderer Deutlichkeit. Hier nehmen Vogelscheuchenfiguren die unteren Hälften der Kompositionen ein, deren komprimierte Platzierung visuell das Gewicht der Vertreibung vermittelt (Abb. 2 & 3). Wiederkehrende Motive von Schuhen, Hüten und Koffern lösen beim Betrachter Assoziationen mit Reisen aus. 

 

Eine symbolischere Behandlung findet sich in Das Emigrantenpferd, wo der Künstler seine Erfahrung von Wurzellosigkeit auf Kinderspielzeug projiziert, was darauf hindeutet, dass sein Schicksal untrennbar mit der Migration verbunden ist (Abb. 4). Diese Angst vor räumlicher und identitätsbezogener Verlagerung zwingt den Künstler, einen unabhängigen Weg zu gehen - einen Weg, der von zeitgenössischen Trends abweicht. Unter den technisch meisterhaften Oberflächen und exquisiten Glasuren werden diese Werke zu therapeutischen Räumen, in denen die gemeinsamen Ängste von Künstler und Betrachter eine Auflösung finden, die es der Welt ermöglicht, in würdevolles Vergessen zu geraten. [4] 

 

Die Verzauberung der Vorstellungskraft

Khakdan räumt offen die zentrale Rolle der Vorstellungskraft in seinem kreativen Prozess ein: "Fast 80% dessen, was Sie in meinen Gemälden sehen, existiert nur im Kopf. Ich fordere ständig meine eigene Vorstellungskraft heraus und bemühe mich, Objekte nach Möglichkeit aus dem Gedächtnis wiederzugeben. Nur wenn sich Formen als schwer fassbar erweisen, greife ich auf Fotos oder physische Referenzen zurück. Viele Objekte, die ich darstelle - wie das rote Pferd, das ich im Alter von drei Jahren besaß und das wiederholt in meinem Werk auftaucht - gehören zu fernen Erinnerungen und existieren in der Realität nicht mehr."[5](Abb. 4) 

 

In seinen Stillleben-Kompositionen verleiht Khakdan leblosen Objekten menschliche Präsenz. Seine visuellen Räume wirken wie ein messianischer Atemzug über die Leinwand und schreien die Anwesenheit eines wandernden Geistes inmitten toter Materie. Wie Shayeghan feststellte, weisen die Werke eine deutliche "neue Verzauberung" auf: "Er verwebt meisterhaft Fragmente seiner verstreuten Präsenz wie ein virtuoser Maler, schafft es aber dennoch, seine inneren Landschaften zu Visionen zu synthetisieren, die einzigartig seine eigenen sind."[6]

 

Die Begegnung des Betrachters mit Punctums

Die Analyse von Khakdans Werk erfordert sorgfältige Aufmerksamkeit für Objekte und ihr symbolisches Potenzial. Diese surrealistischen Räume widersetzen sich singulären Interpretationen, lehnen absolute Wahrheiten ab und bewahren gleichzeitig das, was Salajegheh als "einen zutiefst bitteren Unterton in der Weltanschauung des Künstlers" identifiziert.[7] 

 

Die Gemälde vermitteln ihre Bedeutung mit verblüffender Tiefe und wirken wie Barthes'sche Punctums, die das Bewusstsein des Betrachters durchdringen. Roland Barthes beschreibt das Punctum als "jenes zufällige Detail, das den Betrachter sticht und eine emotionale Verbindung mit dem Bild herstellt".[8] In Khakdans Werk wirken diese visuellen Punctums wie Pfeile, deren endgültige Wirkung von der gelebten Erfahrung jedes Betrachters geprägt ist. Barthes charakterisiert das Punctum weiter als "eine traumatische Wunde, die den Zuschauer verletzt"[9], genau die Art von schmerzhaften Begegnungen, die Khakdan durch seine Kunst inszeniert. 

 

1.Wahed Khakdan, Three times hamid, 1987, Öl auf Leinwand, 120×90 cm.

 

2.Wahed Khakdan, Vogelscheuche des Emigranten, 2012, Öl auf Leinwand.

       3.Wahed Khakdan, die zweite Vogelscheuche des Emigranten, 2021, Öl auf Leinwand.

 

 

4.Wahed Khakdan, Emigrantenpferd, 2020, Öl auf Leinwand.



Referenzen:


1.  Artibition (kein Datum) Wahed Khakdan.

3. Fardmag Fetischismus in der Natur von Wahed Khakdans Stillleben.

4.Avammag (kein Datum) Ausstellungsbesprechung: Wahed Khakdan.

5.Asad, Shafagh. (2000) 'Interview mit Wahed Khakdan', Tavoos Quarterly, 3 & 4, S. 176. [Original Persisch: Shafagh Asad (1379)].

6.Shayegan, Daryoush. (2017) Neue Verzauberung: Fragmentierte Identität und nomadisches Denken. Teheran: Foruzanmehr. S. 219. [Original Persisch: Daryush Shayegan (1396)].

7.Salajegheh, Hassan. (2008) 'Malerei: Zeit, Erinnerung und die Ausweitung der Zerstörung (Kritik an der Ausstellung von Wahed Khakdan)', Tandis, 237, S. 8. [Original Persisch: Hassan Salajegheh (1387)].

8.Flusser, Vilèm. et al. (2019) Historiographie und Fotografie: Essays über Fotografie als historisches Dokument, 2. Aufl. Übersetzt und herausgegeben von M. Ghafouri. Teheran: Agah. S. 159. [Original Persisch: Mohammad Ghafouri (Zusammensteller und Übersetzer) (1398)].

9.Barthes, Roland. (2001) Camera Lucida: Reflexionen über die Fotografie. Übersetzt von F. Azarang. Teheran: Mahriz. S. 50. [Original Persisch: Roland Barthes (1380)].

 

Bildquellen :

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Wahed Khakdan
photorealistic
Tehran's Seyhoun
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